Den weiblichen Zyklus ins Bewusstsein rufen und nutzbar machen

Blog-Zyklus

Lösungsorientiertes Arbeiten bedeutet u.a. ein System zu beobachten, Veränderungen wahrzunehmen, Ressourcen zu nutzen, das Gute im vermeintlich Schlechten zu sehen, Vertrauen in die Autopoiese zu haben, und für neue oder andere Sicht- und Herangehensweisen offen zu sein. So sollten wir aus meiner Sicht auch mit unserem weiblichen Zyklus und den dadurch manchmal auftretenden Herausforderungen im Alltag umgehen. Nicht jede Frau nimmt ihren weiblichen Zyklus bewusst wahr. Viele tun es aber – manchmal gewollt, oft auch ungewollt, durch Schmerzen, Krämpfe, Verspannungen, Stimmungsschwankungen etc. Das führt zu anstrengenden Situationen im Alltag. In der Arbeit, in der Familie, im Freundeskreis, im Sportverein... und in unserem Fall: auch im Beraterinnen-Dasein!

Einerseits sind wir als Beraterinnen oft jahre- oder jahrzehntelang selbst davon betroffen, andererseits haben wir es auch mit weiblichen Klientinnen zu tun, die vielleicht ähnlich empfinden! Ich bin der Meinung, das Thema sollte im Zusammenhang mit psychosozialer Tätigkeit mehr beachtet werden! Ich schreibe diesen Artikel nicht, weil ich denke, dass Ihr das alles nicht wisst, sondern weil ich glaube, dass wir es uns immer wieder aktiv ins Bewusstsein rufen sollten, wenn wir betroffen sind, oder jemanden kennen, die betroffen ist.

Während das Thema weiblicher Zyklus in der Öffentlichkeit zwar immer noch oft genug belächelt wird, wird umgekehrt von unterschiedlichen Seiten versucht, an einer Sensibilisierung der Gesellschaft dafür zu arbeiten, und zudem – was wir derzeit auch immer wieder durch die Medien erfahren – es auch im Arbeitsalltag zu beachten. Immer mehr Frauen leben tatsächlich zyklusbewusst. Das bedeutet, sie sind sich ihrer jeweils aktuellen Zyklusphase bestmöglich bewusst und passen ihren (Arbeits-) Alltag und ihre sozialen Interaktionen dieser auch so gut es geht an. Hier bewegen wir uns vor allem in den Bereichen der Ernährung, der Bewegung und des Sports sowie im Bereich des mentalen Wohlbefindens. Alle drei Felder, die die Lebens- und Sozialberatung in den Fokus nimmt.

Ich erinnere mich daran, dass meine Studienkolleginnen und ich in jungen Jahren ein System entwickelt haben, um uns gegenseitig über die kräfteraubende Zeit in unserem Zyklus hinwegzutragen und mit den Schwierigkeiten, die dadurch für uns entstanden sind, leichter umgehen zu können. Ein "sich-auf-die-eigene-Zyklusphaseaufmerksam-machen" wurde gegenseitig initiiert, wenn die eine oder andere am Rande ihrer Grenzen war, oder gar Konflikte entstanden, deren Ursache so objektiv wie möglich betrachtet, nicht einfach zu eruieren waren. Diese Herangehensweise habe ich versucht, für mich beizubehalten: manchmal mehr und manchmal weniger erfolgreich.

Nicht nur einmal habe ich als Angestellte im herausfordernden Redaktionsbereich, aber auch als Psychosoziale Beraterin in Ausbildung unter Supervision während der Auseinandersetzung mit Methoden bzw. Arbeitsweisen für mich gemerkt: "Oha! Auch mein Zyklus beeinträchtigt meine Stimmung! Das sollte ich nicht vergessen!" Viele von uns kennen das sicherlich u.a. in Sachen Sport. Ist die zyklische Phase nicht "die Richtige", also eher nach dem Eisprung angesiedelt, wird es schwieriger, sich für intensivere Bewegung zu motivieren. Einige Studien legen nahe, dass die körperliche Leistung tatsächlich nicht sehr stark vom Zyklus beeinträchtig ist, aber die Selbstmotivationsfähigkeit je nach Zyklusphase eine andere ist. So ist es für viele auch in der Arbeitswelt.

Unsere Zyklusphasen laufen wie ein ganzes Kalenderjahr ab: Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Viele von uns gehen im Frühling lieber aktiv hinaus in die Natur und springen sprichwörtlich fröhlich über grüne Wiesen, während sie im Winter lieber mit einer Tasse heißem Tee eingemummt in eine Decke auf der Couch liegen. Das nenne ich eine vollkommen natürliche Reaktion auf Graupelschauer und Blasenentzündungs-Wetter! Beide Verhaltensweisen haben natürlich ihre positiven Seiten! Nicht nur das Springen über die grüne Wiese hat seine Schönheit, auch die ruhebringende Zurückgezogenheit auf der Couch birgt ihre Ressourcen! So irritiert es kaum, dass immer mehr Frauen ihren Arbeitsalltag, sofern es ihnen (manchmal auch nur ansatzweise) möglich ist, an diese zyklusbedingten "Jahreszeiten" anpassen. Ich habe es versucht. Ja, es ist mir natürlich nicht immer gelungen, aber es war sogar im überstundenreichen Redaktionsalltag möglich. Auch Beraterinnen tun das erfolgreich, wodurch nicht nur sie selbst, sondern auch ihre KlientInnen profitieren können. Denn wir haben nicht immer dieselben Bedürfnisse, zum Beispiel nach sozialen Kontakten, was von der Natur auch bewusst so eingerichtet wurde. Aber jede Zyklusphase bringt ihre Vorteile mit sich, die wir für unseren Erfolg einsetzen können!

Die Deutsche Psychologin und Coachin für Frauen Gesche Blohm hat im psylife-Magazin einen aus meiner Sicht gelungenen Umriss zum Thema Weiblicher Zyklus und Arbeit in der Beratung inkl. praktischer Tipps gegeben. Ich versuche hier eine Zusammenfassung der für mich wichtigsten Inhalte des Artikels:

  • Die Follikelphase steht für den Neuaufbruch nach der Menstruation. Yeah! Los geht's wieder! Ausdauer, Geduld, Leistungs- und Widerstandsfähigkeit machen uns zu Starterinnen. Wir speichern jetzt Energien und – Achtung! - verbrauchen sie aber auch. Deshalb den Körper auch verstärkt mit Proteinen versorgen! Erstgespräche und KlientInnen mit "schwierigen" Inhalten könnten zum Beispiel in dieser Phase besonders erfolgreich gemeistert werden. Geduld und Gelassenheit sind jetzt zwei unserer Superkräfte. An neue Ideen und Erkenntnisse sowie Weiterbildungen wird hier mit ganz speziellem Elan herangegangen. Sportlicher Ausgleich und soziale Interaktionen sind hier gut angesiedelt.

  • Die Ovulationsphase steht für pure Energie! Jetzt können wir mit Leichtigkeit Neues erschaffen. Hier sind wir für Action offen, sind uns unserer Außenwirkung bewusst (nicht nur wegen der zyklusbedingten Wirkung auf unsere "Objekte der Begierde") und haben einen besonders scharfen Sinn für unsere Außenwelt. Die "Geht nicht – gibt's nicht"- Mentalität dieser Phase können wir für uns nutzen! Wir setzen leichter Ideen und Konzepte um, haben Kraft für alle Angelegenheiten, die einer intensiven Auseinandersetzung mit anderen Menschen bedürfen, wir motivieren andere und uns selbst besonders gut, können unsere Arbeit mit KlientInnen intensivieren und auch privat Vollgas geben.

  • Die Lutealphase reduziert unsere physischen und mentalen Energien im Allgemeinen wieder. Wer ein zyklusbewusstes Alltagsleben ausprobieren möchte, schließt hier Dinge eher ab, zieht sich ein wenig zurück, schafft Ordnung und konzentriert sich auf's Wesentliche. Ja, hier ist die Phase, in der wir bei entsprechender zyklusbedingter Betroffenheit auch ab und zu ein paar Tränen vergießen, genervt oder gereizt auf Außeneinwirkungen reagieren (Das muss auch mal sein! ), wir gehen im Allgemeinen schonungsloser mit unserem Umfeld um und nennen die Dinge beim Namen. Enge Termintaktungen sind hier anstrengender für Betroffene und wenn es möglich ist, könnten wir darüber nachdenken, neue Klientinnen und Themen ein bisschen zeitlich zu verschieben, bis wieder der interne Frühling, oder eine "einfachere" Phase eintritt. Hier auf unser eigenes Wohlbefinden besonders stark zu achten und uns nicht in zu stressbehaftete Situationen zu hieven, könnte ein Vorteil sein.

  • Die Menstruationsphase können wir als "Detoxprozess" sehen. Wir brauchen viel Energie für uns selbst, aber sie ist auch "reinigend". Qualität vor Quantität zu stellen ist sicherlich kein schlechter Ratschlag für Frauen, die normalerweise viel um die Ohren haben und dabei zyklusbedingte Herausforderungen zu meistern haben. In der Arbeit als Beraterin können wir, wie Gesche Blohm vorschlägt, zum Beispiel Entspannungsübungen mit KlientInnen machen und uns mehr Pausen gönnen als sonst. Besonders viel Power haben betroffene Frauen in dieser Zeit nicht häufig. Oft reagieren wir noch sensibler als sonst auf äußere Reize. Aber viele von uns haben einen intensiveren Zugang zu ihrer Intuition als sonst! Das führt ab und zu dazu, dass wir viel nachdenken, uns ganz zurückziehen und dann aber neue Antworten auf ungelöste berufliche oder private Themen finden. Was ist denn besser geeignet, als das, um wieder in einen hervorragenden Frühling zu starten?


Nicht alle Betroffenen können ihren Arbeitsalltag einfach an ihren Zyklus anpassen. Ich bin aber der Überzeugung, dass Awareness einiges besser machen kann. Wir finden in jeder Phase Tätigkeiten, die wir dann besonders gut ausüben können! Und wenn zum Beispiel der natürliche Rückzug "nur" für die endlich notwendige Ordnung der Rechnungen für die Steuererklärung genutzt wird! Dann wenn unsere Stärken am stärksten sind, ist es sicher nicht verkehrt, sie zeitgerecht auch intensiver zu nutzen!

Ich möchte die Gelegenheit noch nutzen, um ebenfalls (wieder) in unser Bewusstsein zu rufen, das Ernährung und Bewegung den weiblichen Zyklus beeinflussen und z.B. in den unten folgenden Links auch hierfür Tipps zu finden sind.

Links zu Artikeln und Arbeiten, die ich hier einerseits zusammengefasst oder erwähnt, oder jedenfalls im Vorfeld der Erstellung dieses Blogbeitrags gelesen habe, und die ich nicht nur interessant empfunden habe, und deshalb teilen möchte, sondern sie auch im Sinne eines Quellenverzeichnisses angebe:

https://psylife.de/magazin/selbstfuersorge/im-flow-mit-dem-eigenenzyklus#:~:text=Nach%20der%20Menstruation%20beginnt%20alles,K%C3%B6rper%20speichert%20nun%20neue%20Energien
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Dienstag, 22. Oktober 2024

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